Für kurze Zeit unterbricht
Pt 47-65 der PKP mit ihrem Personenzug nach
Krzyz die
Ruhe eines Sommertages bei Górki Noteckie (Gurkow) in Pommern.
Die
rund 750 km lange Ostbahn
zwischen Berlin und Eydtkuhnen
war eine der bedeutendsten Eisenbahnlinien Preußens. Im
Gegensatz zu den meisten anderen preußischen Bahnstrecken war sie von
vornherein als Staatsbahn gebaut, weil sich für die Bahn durch die damals recht dünn besiedelten Gebiete des Ostens kaum private
Geldgeber gefunden hätten.
Die
Strecke erschloss Brandenburg, Pommern, Posen,
West- und Ostpreußen
und führte vom Schlesischen Bahnhof in Berlin über Küstrin, Kreuz,
Schneidemühl, Dirschau und Königsberg bis an die russische Grenze.
Die
Betriebsaufnahme des ersten Abschnitts zwischen Kreuz, Schneidemühl und Bromberg erfolgte
bereits im Jahre 1851.
Interessanterweise dauerte es dann weitere 15 Jahre, bis mit dem
Abschnitt Berlin – Gusow das letzte Teilstück der direkten
Eisenbahnverbindung Berlin – Königsberg fertiggestellt werden
konnte. Bis dahin musste der Verkehr den Umweg über Frankfurt(O) -
Küstrin nehmen.
"Die
Ostbahn hat es mir angetan", schreibt Karl-Ernst
Maedel in seinem Buch 'Bekenntnisse eines Eisenbahnnarren', "vereinigt
sie doch in so beeindruckender Weise die drei charakteristischen
Elemente des Landes: Himmel, Sand und Kiefern."
Lange
schon sind die direkten Züge nach Königsberg und Insterburg
Vergangenheit, die Maedel in seinem Buch beschreibt, ebenso wie
die Lokomotiven der Reihen S101 und 03, welche damals mit
Schnell- und Eilzügen durch Brandenburg und Pommern
rauschten. Durch die
Grenzziehung und die politischen Realitäten nach dem Krieg fiel
die nun zur Polnischen Staatsbahn PKP gehörende Ostbahn fast in die Bedeutungslosigkeit. Dass
andererseits die
legendäre Bahnstrecke für so lange Zeit nahezu unverändert
blieb, ist aber vor allem dieser Tatsache zuzuschreiben.
Doppeltelegrafenmasten
beidseits der Strecke, Blockstellen, Preußische
Backsteinarchitektur, Stellwerke und Flügelsignale auf fast
allen Unterwegsbahnhöfen - all dies war noch Mitte neunziger Jahren auf
der alten Ostbahn zwischen Kostrzyn und Krzyz zu erleben. Die
Weite der Landschaft des Warthelandes wird nur gelegentlich
durch Dörfer und kleinere Städte unterbrochen. Sogar Störche
nisteten auf alten Doppelelegrafenmasten der Strecke - kaum
eine Hauptlinie des Landes befand sich noch sosehr im Einklang mit
der Natur und der sie umgebenden
Landschaft wie die alte Preußische Ostbahn, oder 'Kolej
Wschodnia', wie sie eben auf Polnisch heisst.
Die
Aussicht, nochmals eine Schellzugdampflok der Reihe Pt 47
und eine der seltenen Güterzugloks der Reihe Ty51 auf dieser
legendären Strecke erleben zu können, liessen mich im August
1995 keinen Moment zögern, meine Urlaubspläne zu ändern und in die Wielkopolska
zu fahren. Anfang 1996 dann folgte eine weitere
Plandampf - Veranstaltung Mit Ty-2 und Ok 22. Der Reiz
der alten Ostbahn mit ihren stillen
Kiefernwäldern, wogenden Feldern und ihren unberührten Flusslandschaften,
der schon Maedel an diesen Schienenstrang gelockt hatte, ist
mancherorts bis heute unverändert geblieben. Noch immer zieht die alte
Ostbahn Eisenbahnfreunde oder '-Narren' - wie Mädel uns nannte - in ihren Bann.