Slovakia

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Nízke Tatry I
Nízke Tatry II
Velká Fatra

 

 

Passende 'Theaterbeleuchtung' herrschte am 8.05.2007, als der RD 810 Kosice - Banska Bystrica am malerischen Ort Dobsinska Masa vorbeizog. Nicht zu Unrecht wird dieses Gebiet auch 'Slowakischen Paradies' (Slovensky Raj) genannt. Unweit von hier befindet sich übrigens die bekannte Dobschauer Eishöhle (Dobšinská L'adova Jaskyna), welche im Sommer besucht werden kann.

 

"Ein solcher frischer Anblick in ein neues Land, in welchem wir uns eine Zeitlang aufhalten sollen, hat noch das Eigne, so Angenehme als Ahndungsvolle, daß das Ganze wie eine unbeschriebene Tafel vor uns liegt." (Johann Wolfgang von Goethe)

Wer von Tschechien in die Slowakei kommt, merkt sogleich, dass dieses Land in vielerlei Hinsicht unterschiedlich zu seinem westlichen Nachbarn ist, mit dem die Slowakeit seit 1918 eine staatliche Einheit bildete. Wie in allen anderen früheren, ehemaligen sozialistischen Ländern Osteuropas hatte der Umbau der Wirstschaft nach der Wende 1989 erstmals deutliche, einschneidende Spuren hinterlassen.
Zudem war die Slowakei bei der Teilung der Tschechoslowakei in wirtschaftlicher Hinsicht benachteiligt zurückgeblieben: Das Land war stärker landwirtschaftlich geprägt und wies viele Rüstungs- und Schwerindustriebetriebe auf, die wenig produktiv arbeiteten und nach der Wende kaum noch Absatzchancen hatten; verfallene Produktions- anlagen und Industrieruinen sind heute fast überall zu sehen.

In der Folge hat in der Slowakei eine enorme Umstrukturierung stattgefunden. Das Land entwickelt sich zu einer Dienstleistungsgesellschaft, in der auch die Landwirtschaft nur noch eine marginale Bedeutung hat. Nach der Erlangung der staatlichen Unabhängikeit 1993 und einer Periode mit nationalistisch gefärbtem Schlingerkurs der Regierung Meciar konsolidierte sich die Lage ab Mitte der neuziger Jahre zusehends, und die Slowakei wies seither ein beständiges Wirtschaftswachstum auf. Der später eingeleitete Wandel und Annäherung an den Westen führte ab 2004 zum EU-Beitritt. Das niedrige Lohnniveau, verbunden mit einer ebenfalls tiefen Steuerbelastung machte das Land zu einem der attraktivsten Standorte für ausländischer Investoren in Mitteleuropa; wie die gigantischen, neu erstellten Produktionsanlagen verschiedener Autokonzerne zeigen. 

Die in den fünfziger Jahren gebauten 'Bobinas' der Reihe E 499.0 waren so etwas wie die Tschechoslowakische 'Re 4/4': Die erste nach dem Krieg gebaute, moderne, laufachsenlose Drehgestelllokomotive für den Schnellzugverkehr. Der Vergleich mit der Schweizer Bo'Bo'  ist durchaus berechtigt und die Ähnlichkeit keineswegs zufällig, basierte die Lok doch auf einer SLM-Lizenz für Drehgestelle und Antriebstechnik - daher auch der Übernahme "Bobina".

Škoka baute zwischen 1953 und 1959 insgesamt 100 Exemplare der 'Bobinas' für das Gleichstromnetz. Heute sind die letzten dieser formschönen Maschinen in der Slowakei im Plandienst anzutreffen. Unterhalb der Burg Strečno eilt am 4.10.2006 140 058 aus Žilina mit ihrem 'osobny vlak'  Žilina-Ružomberok ihrem nächsten Halt Vrùtky entgegen.

Später wurden für den Güterverkehr auf dem Gleichstromnetz auch sechsachsige Lokomotiven gebaut. Eine 'Rakana' der Reihe 183 führt vor der Kulisse der Hohen Tatra bei Strba einen Güterzug Richtung Westen. 27.04.2012

 

 

Am Verkehrsvolumen auf den Strassen und and den sichtbaren Investitionen in Autobahnbauwerke werden die verkehrspolitische Akzente des Landes nur allzu deutlich, und die Bahn ist langfristig natürlich die klare Verliererin. Der unter der Ära Meciar mit immensen Staatsausgaben alimentierte Bau von Autobahnen und anderer Grossprojekte wurde zwar nach 1998 erstmals zurechtgestutzt, dennoch sind die Weichenstellungen unübersehbar. Auf den wichtigsten Hauptstrecken wie der Ost-West Transversale Kosice - Bratislava wickeln die Slowakischen Eisenbahnen ŽSR aber dennoch ein recht beachtliches Verkehrsvolumen ab. Für den Aufbau eines IC-Netzes auf diesen Strecken beschaffte die neu für den Personenverkehr zuständige Gesellschaft Železničná Spoločnosť (ZSSK) moderne Fahrzeuge und liess durch die ŽSR längere Streckenabschnitte für 140 oder 160km/h herrichten, was bereits spürbare Verbesserungen bei den Reisezeiten brachte.

Weniger gut sieht es dagegen bei den vielen Nebenstrecken des Landes aus. Buslinien konkurrenzieren die Bahn, deren Haltepunkte oft weit ausserhalb der Dörfer liegen. Die dünne Besiedlungsdichte vieler Landesteile sorgt ohnehin kaum für grosses Fahrgastaufkommen; häufig genügt eine alleinfahrende 'Brotbüchse' der Reihe 812 für den Gesamtverkehr.

Beim Güterverkehr lasssen die vielen verfallenen Fabrikanlagen und rostigen Gleisanschlüsse erahnen, dass es hier kaum besser aussieht. Zwar wird praktisch jede Strecke noch mindestens durch einen täglich verkehrenden 'Manipulačný vlak' (Nahgüterzug) bedient, der aber aufgrund fehlenden Bedarfs oft auch ausfallen kann. Holzverlad ist vielfach das einzige, was der Bahn noch bleibt. Hier ist es wohl bloss eine Frage der Zeit, wie lange sich die ZSSK ihr ausgedehntes Netz von Nebenbahnen noch leisten kann und will. 

Bereits Ende 2003 hat man bei der damals noch als Staatsbahn geführten ŽSR erstmals den Rotstift angesetzt eine grössere Anzahl von Nebenlinien stillgelegt. Ebenso wurde die Bahn dann wie andernorts in verschiedene Unternehmensbereche aufgesplittet, um diese dann zur Privatisierung auszuschreiben. So hat die Regierung in Bratislava geplant, die Güterverkehrssparte der ŽSR vollständig zu privatisieren. Der erhoffte Erlös aus dem Verkauf der soll dazu beitragen, das staatliche Budgetdefizit unter die magische Drei-Prozent-Marke der EU zu drücken..

In Čadca, (sprich: 'Tschadsa') dem ersten grösseren Städchen gleich nach der Grenze, versuchen wir naturgemäss erst mal den Bahnhof anzusteuern. Dabei vermissen wir die vom Nachbarland so vertrauten Wegweiser "Do nádraží" (zum Bahnhof), und irren einige Zeit herum, ehe wir über eine löchrige, etwas versteckte Zufahrt einen nicht mehr ganz taufrischen Gebäudekomplex sozialistischer Prägung vorfinden: Železnice Stacja Čadca. Dass dieser schon bessere Zeiten erlebt hat, ist nicht zu übersehen, ansonsten hat sich aber  rein äusserlich erst mal erstaunlich wenig geändert seit meinem letzen Besuch hier vor rund 15 Jahren. Alle Züge halten in diesem wichtigen Grenzbahnhof, natürlich auch die Schnell- und IC-Züge ins ferne Prag und Krakau. 

Parallel zu den Gleisen des Personenverkehrs befindet sich der Güterbahnhof, und praktisch sämtliche Gleise waren belegt, wie zu den 'besten Zeiten' des Sozialismus. Selbst an diesem Sonntagnachmittag im Herbst 2006 vergingen kaum zehn Minuten, ohne dass irgendwo eine Zugbewegung stattfand.

Viele der schweren Güterzüge waren mit den mächtigen, achtachsigen Doppelloks der Reihe 131 bespannt. Mit Thyristorsteuerung und 4480 kW Leistung waren sie sicher der Stolz der Skoda-Ingenieure der frühen achtziger Jahre. Trotz diesem Kraftpaket benötigten schwere Züge über den Pass nach Český Těšín herüber zusätzlich eine Schublok, wozu häufig 183er herangezogen werden - eine Art tschechoslowakische 150er.

Wir schleichen uns an der Lokleitung vorbei Richtung Depot, um zu erkunden, was hier sonst noch so alles fährt und rumsteht. Dabei merken wir sehr schnell, dass man hier selbst auf Betriebsgelände völlig unbehelligt bleibt und alles fotografieren kann, solange man sich auch nur an die elementarsten Sicherheitsregeln hält.
Eben dies tun jedoch etliche der hier aussteigenden Fahrgäste nicht und überqueren nach Verlassen des Zuges schnurstracks sämtliche Gleise, obschon es natürlich eine Unterführung gibt in diesem wichtigen Bahnhof. Dem Auge des örtlichen Bahnhofvorstehers entgeht dies natürlich nicht, und einige der unflätigen Reisenden werden abgepasst und zur Rede gestellt. Mit einigen Belehrungen ist es dann aber auch schon getan und vergessen  - ein häufiges Ritual, wie wir in den kommenden Tagen noch feststellen konnten.

Eine Fussgängerbrücke am nördlichen Bahnhofsende ermgöglichte, dieses Problem zu vermeiden und das ganze Betriebsgeschehen optimal zu überblicken. Zwar dominieren die eher langweiligen Skoda-Loks der Reihe 163 den Personen- und die 131-Doppelloks den Güterverkehr; dennoch gibt es viel interessantes zu sehen.

Im Gegensatz zur ČD sind hier in der Slowakei noch immer einige der  mächtigen Čmeliaks der Reihe 770/ 771 anzutreffen, etwa in Žilina, Čadca und Zvolen. Selbst die kleinen und grossen 'Hektoren' (720/ 721), welche bei der ČD fast vollständig verschwunden sind, trifft man hier noch häufig im Rangierdienst und mit Übergaben.
Natürlich galt unsere Aufmerksamkeit auch den letzten alten 'Bobinas' der Reihe 140, die 2006 und 07 noch täglich in zwei bis drei Umläufen eingesetzt wurden, unter anderem mit einem Durchlauf bis ins polnische Katowice, welcher allerdings seit Dezeber 2006 wieder Geschichte ist. 

Immerhin werden die klassischen, kaum weniger interessanten, sechsachsigen Loks der Reihe 183 noch recht häufig im Güterverkehr eingesetzt - Lesen Sie mehr darüber in der untenstehenden Galerie.

Nachtrag: Dieser Bericht war kaum im Netz, als die vorweihnachtliche Hiobsbotschaft vom kommenden Fahrplan 2006/07 der ZSSK die Kunde machte, die bei den meisten Eisenbahnfreunden wohl mit Kopfschütteln quittiert wurde: Trocken wird da unter "redukcia spojov" (..Reduktion der Verbindungen) - eine ellenlange Liste zu streichender Züge auf dem Bahnnetz der Slowakei agekündigt: Vlaky.net. (23.11.2006) Hatten es die ZSSK in den vergangen Jahren fast geschafft, wieder ein halbwegs freundliches Image aufzubauen,  folgte dieser Rückschlag.. Meine oben geschilderterter Eindrücke erwiesen sich (leider) als nicht ganz unrichtig..

Čmeliaks der Reihe 771 vor dem Lokschuppen des Depot Žilina: Bei der ZSSK in der Slowakei sind die "Hummeln" noch regelmässig im Planeinsatz zu erleben. Die Aufnahme entstand am 04.Okt.2006.
Der Betrieb auf der ZSR ist sehr abwechslungsreich. So gelangen Brejlovici auch auf Hauptstrecken, wie hier die 754 054 mit dem Express Zr 1842 'Turcan'. Von Zvolen fährt diese über Banska Bystrica nach Vrútky und anschliessend über die elektrifizierte Hauptsrecke bis Žilina. Die Aufnahme entstand am 03.Mai 2007.
Die allgegenwärtigen 163er werden in der Slowakei wegen ihrer guten Beschleunigung "Peršing" (Pershing) genannt. Die Aufnahme zeigt die Lok nahe dem Haltepunkt Strečno. 04.Okt.2006.
Nächtliche Stimmung im historischen Zentrum von Žilina (Sillein): Die Stadt mit dem wichtigen Bahnknotenpunkt war 1918 vorübergehend Sitz der ersten slowakischen Regierung. 03.Okt.2006.
Die Slowakei hat auch interessante, betriebsfähige Dampflokomotiven, unter anderem 475.196 und 556.036. Das Bild entstand am 07.05.2007 auf der Strecke Margecany--Brezno bei Nová Masa, mehr dazu hier.
  



 

 

 
Links: rail.sk/../zelmapsk Streckenkarte der Slowakischen Eisenbahnen. Nicht nur die heutigen Strecken, sondern auch sämtliche einmal projektierten und sämtliche ehemaligen Strecken sind eingezeichnet! Mit vielen weiteren Verzeichnissen und Tabellen über die Eisenbahnen in der Slowakei.

(c) Markus Fischer, Zürich