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Norböhmen: Eisenbahnen zwischen Elbtal, Lausitzer- und Riesengebirge, Usti n. Labem, Decin, Liberec, Frydlant
Fast etwas verloren wirkt der 810er-Triebwagen auf dem grossen Viadukt bei Novina an der Strecke Liberec  - Ceska Lipa, 7.Mai 2005.

 

"Und wie durch Fruchtbarkeit ausgezeichnet, so zeichnet sich diese Landesstrecke auch durch landschaftliche Schönheit aus. An den Wasserläufen, die vom Gebirge her der Elbe zufliessen, ganz besonders and der Iser hin, concentrieren sich diese Schönheiten. Bald durch barock geformte Felsen beengt, bald sich im Wiesenauen verbreiternd, hier mit Inselchen in seiner Mitte, dort von Schossruinen überragt, geben die Ufer dieses Flusses die abwechselndsten und zugleich anmuthigsten Bilder." 

Diese Schilderung Fontanes über die Landschaft Nordböhmens, welche er in nach dem Krieg von 1866 bereist hatte, ist auch heute, rund 150 Jahre später kaum etwas hinzuzufügen. Wenn auch in der Zwischenzeit die Kronländer der Donaumonarchie auseinander gefallen sind und Krieg, Vertreibung und ein halbes Jahrhundert sozialistische Planwirtschaft ihre Spuren hinterlassen haben, so hat doch die Landschaft - hier das Lausitzer-, das Iser- und das Riesengebirge - nichts an ihrer Schönheit eingebüsst.

Als Theodor Fontane sich auf seine Reise nach Böhmen aufmachte, lag das Land nach dem verlorenen Krieg gegen Preussen darnieder. Es  erholte sich aber rasch, so dass auch wieder neue Bahnprojekte in Angriff genommen werden konnten. Die Buschtehrader Eisenbahn (BEB) hatte bereits den Norden mit den Kohlerevieren bei Eger und Kommotau erschlossen und mit Prag verbunden, während die Aussieg Teplitzer Eisenbahn für die natürliche Fortsetzung der BEB von Kommotau an die Elbe und weiter nach Norden sorgte, so dass allmählich ein recht umfangreiches Eisenbahnnetz entstanden war. 

Besonders die in den gebirgigen Randgebieten im Grenzgebiet zu Schlesien und Sachsen gelegenen Industriestädte waren natürlich an einer gute Anbindung an das Schienennetz interessiert. Das Städtchen Reichenberg (Liberec) war ein wichtiges wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Nordböhmens; bereits seit dem 15.Jahrhundert war es für seine Leinenwebereien und Tuchmanufakturen als "Manchester Böhmens" bekannt. 

Die erste Bahnstrecke von Prag in den Norden folgte jedoch der natürlichen Route entlang der Elbe, welche seit Jahrhunderten schon als Verkehrsweg zwischen Böhmen und Sachsen diente, so dass das Industriestädtchen an der Neisse erstmals unberücksichtigt blieb. Der erste Bahnanschluss erfolgte denn auch durch die ausländische Sächsische Staatsbahn von Zittau her. Erst mit der Weiterführung dieser Strecke als Südnorddeutsche Verbindungsbahn Richtung Turnov - Prag und - Wien erhielt Liberec seine direkte Verbindung zu den Zentren der Donaumonarchie.

Mit der 1856 gegründeten Ausieg-Teplitzer- Eisenbahn (ATE) und der Buschterhrader Bahn wurde eine direkte Bahnverbindung von Eger/Cheb in Nordwestböhmen bis Liberec (Reichenberg) hergestellt. Dazu musste das Jeschkengebirge zwischen Liberec und Ceska Lipa (Böhisch Leipa) bezwungen werden, um bei Decin (Tetschen) an die bestehende Strecke im Elbtal anschliessen zu können. 

Seit jeher folge der Weg vom Norden her nach Prag und Böhmen dem natürlichen Lauf der Elbe. Die Reise durchs malerische Flusstal inspirierte schon vor Jahrhunderten  Dichter und Künstler. Auf der 1856 von der ATE eröffneten Strecke am rechten Elbufer entlang fährt am 9.Oktober 2006 ein 830er-Triebwagen der Barockkirche von Nebocady (Neschwitz) vorbei Richtung Decín.

Der bekannten Viadukt bei Novina auf dieser Strecke gehört 'klassikern' unter den Fotomotiven Nordböhmens und fehlt in kaum einem Reiseführer oder Bildband über die Region. Bis heute verkehrt auf dieser Strecke ein lokbespannter Schnellzug, der Liberec über Ceska Lipa, Decin, Usti na Labem mit Chomutov verbindet, wie dies schon bei der Ausieg-Teplitzer- Eisenbahn (ATE) der Fall war. Alle übrigen Züge auf dieser Strecke sind fest in der Hand von Triebwagen.

Freilich gibt es von Liberec aus noch weitere Bahnstrecken. Als Bestandteil der Südnorddeutschen Verbindungsbahn wurde später von Reichenberg aus auch eine direkte, nordwärtsführende Strecke über Friedland (Frydlant) nach Görlitz ans Schlesische Bahnnetz vorangetrieben. Hier musste mit dem Isergebirge, welches die Wasserscheide zwischen Neisse- und Wittigtal bildet, ein weiterer Gebirgszug überwunden werden. 

Noch heute hat diese Strecke einige Bedeutung im Transitverkehr, und wer Bardotka (749), Brejlovci (Mehrzahl von Brejlovec, Baureihe 753) und Transistorradios (742) in Zwei- und Dreifachtraktion mit schweren Güterzügen erleben will, muss sich nach Frydlant begeben.

Nordböhmen bietet neben schönen Landschaften auch Kleinstädte mit interessanter Geschichte und Architektur: Hier Jablonné v. Podjestedi (Deutsch Gabel) an der CD-Strecke 086 Liberec - Ceska Lipa.

 

"Malerisch wie die Böhmischen Dörfer sind auch die Böhmischen Städte. Dass sie klein sind, thut ihnen keinen Abbruch. Mit Ausnahme von Prag und Reichenberg werden sich wenige über zehntausend Einwohner erheben. Die meisten bleiben unter fünftausend. Aber sie sind nicht unbedeutend. Im Gegentheil, alle sehen nach etwas aus, und der Ring auch des kleinsten Städchens macht in der Regel einen Grossstädischen Eindruck."

Theodor Fontane, Der deutsche Krieg von 1866

Auch das nahe Liberec gelegene Stätdchen Jablonec (Gablonz an der Neisse) mit seiner Glasindustrie suchte lange Zeit einen Bahnanschluss, den es 1888 mit der Reichenberg - Gablonz - Tannwalder Eisenbahn erhielt. Später wurde diese Bahn mit der Zahnstangenstrecke von Tannwald nach Grüntal im Riesengebirge erweitert, womit ein Anschluss an das Schlesisch-Preussische Bahnnetz hergestellt war.

Alle diese Strecken sind bis heute im Betrieb, und das Zugsangebot zwischen Liberec und Tanvald gehört - wenn auch bloss mit den zweiachsigen 'Brotbüchsen' der Reihe 810 erbracht - zu den dichtesten im Land. Selbst die Steilstrecke nach Harrachov an der Polnischen Grenze ist bis heute in Betrieb.
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Die anschliessenden Bilder entstanden im Mai 2005 und Oktober 2006.

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(c) Markus Fischer, Zürich